Digitalisierung der Energiewende „per Gesetz“: Das ändert sich mit dem GNDEW

Energiewende

Die zur Einführung des Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) 2016 festgelegte Rolloutverpflichtung für intelligente Messsysteme hinterließ bleibende Eindrücke bei unseren Kunden. Neue Prozessgefüge gepaart mit einem bisher unbekanntem Themenfeld zeigten schnell ungeklärte Problematiken auf, die sich zu diesem Zeitpunkt nicht aus der gegebenen Gesetzeslage oder weiterreichenden Anwendungshilfen des BDEW klären ließen. Umso größer war die Erleichterung (oder auch Enttäuschung) als 2021 eben diese Verpflichtung mit einem gerichtlichen Beschluss zum Stillstand kam. Viele nutzten diese Gelegenheit, um die eigenen Prozesse zu schärfen und sich so aufzustellen, dass eine unausweichliche Wiederaufnahme der Rolloutverpflichtung reibungslos ablaufen und umgesetzt werden kann. Mit dem im Dezember 2022 veröffentlichten Entwurf des GNDEW sollte genau das geschehen.

Diesen Gesetzesentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (kurz: GNDEW) hatte der Bundestag final im April 2023 verabschiedet. Im Mai hat nun auch der Bundesrat zugestimmt und so den Weg für einen beschleunigten Rollout intelligenter Messsysteme (iMS) geebnet. Für die Energiewende stellt das einen großen Sprung nach vorne dar: Bis zum Jahr 2030 sollen intelligente Stromzähler (oft auch Smart Meter genannt) flächendeckend zum Einsatz kommen und die klassischen modernen Messeinrichtungen (mME) ersetzen. So zumindest hatte es das Wirtschaftsministerium für die Ausstattung von Privathaushalten und Großverbrauchern angekündigt. Mit dem Beschluss wird der einstig gestoppte Rollout wieder aufgenommen und die Digitalisierung der Energiewende vorangetrieben. Diesmal soll der Fokus allerdings – entgegen dem ursprünglichen Gesetz über den Messstellenbetrieb (MsbG) – darauf liegen, den Prozess entbürokratisiert und verbraucherfreundlicher zu gestalten.

In diesem Zusammenhang müssen sich unsere Kunden nun auf neue gesetzliche Rahmenbedingungen einstellen. Doch was genau ändert sich konkret? Können Messstellenbetreiber und auch andere Akteure am Markt von den gemeisterten Hürden und erleichterten Anforderungen profitieren? Wir wollen Ihnen in diesem Beitrag die wichtigsten Informationen für Ihr Projektgeschäft mitgeben und fassen drei relevante Punkte für Sie zusammen.

Agiler Rollout: Der Fahrplan laut GNDEW

Die bekannten Fristen zum prozentualen Rollout entfallen endgültig mit dem Ziel, „den Rollout zu beschleunigen und zu entbürokratisieren“. Verbindliche Ziele und Zeitrahmen sollen verankert werden, um den Status quo bis 2030 zu erreichen. Aus diesem Grund legt das GNDEW einen festen Fahrplan zum Smart Meter Einbau vor:

BMWK: Überblick Gesetzlicher Smart Meter Rolloutfahrplan

Konkret kann und soll der agile Rollout sofort starten. Dafür sollen bis zum 31.12.2024 für Verbraucher bis zu einem Jahresstromverbrauch von 100.000 kWh einschl. §14a EnWG und Erzeuger bis 25 kW intelligente Messsysteme verbaut werden. Der Pflichtrollout für Verbraucher ab 6.000 bis 100.000 kWh/Jahr einschl. §14a EnWG und Erzeuger von 7 bis 100 kW soll dann ab dem Jahr 2025 starten. Bis Ende 2025 müssen mindestens 20 Prozent, bis Ende 2028 mindestens 50 Prozent und bis Ende 2030 mindestens 95 Prozent dieser Fälle mit einem iMS ausgestattet sein.

Für Messstellenbetreiber liegt hier ein Vorteil in der Planung Ihres eigenen Rollouts. Die Bottom Line liegt vor allem in der Abschaffung der bisherigen hektischen Prozessimplementierung, um die vorherig festgelegten Ziele zu erreichen. Vielmehr beginnt damit eine „Schonfrist“ von sieben Jahren, die es vielen ermöglicht klare und vollumfänglich getestete Prozessketten aufzustellen.

Vorteile für Messstellenbetreiber: Entscheidungsfreiheit, Mess- und Eichrecht sowie Vereinfachung der SiLKe

Rückblickend wurde eine Vielzahl an Anforderungen durch das BSI an die Zertifizierung eines SMGW erbracht, die die Möglichkeit eines zeitnahen Einbaus erschwert haben. Die neue Regelung gibt dem „innovativsten Hersteller“ das Tempo im Rahmen der Wirtschaftlichkeit vor. Themen wie die Bestellung weiterer Tarifanwendungsfälle, z.B. dem TAF14 zur Bestellung von bis zu Minutenwerten, gehen damit vermehrt in die Entscheidungsfreiheit des Messstellenbetreiber ein.

Allgemein sollen klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in der Standardisierung der Prozesse geschaffen werden und eine Einbindung der Wirtschaft verstärkt werden. Im Detail werden mit dem GNDEW u.a. auch Neuerungen im Bereich Mess- und Eichrecht sowie in der Logistik umgesetzt bzw. in Aussicht gestellt. Dabei sollen Eichgültigkeiten der SMGWs zukünftig entfristet und eine Vereinfachung von Firmware-Updates erfolgen.

Ebenso die sichere Lieferkette (SiLKe) sorgte mit Ihren Vorgaben für Transport, Lagerung und Sicherung der SMGW, vor allem auch durch wettbewerbliche MSB für unverhältnismäßige Schwierigkeiten für den Rollout intelligenter Messsysteme. Das GNDEW fordert hier die Verlagerung der Verantwortung als Teil der Aufgabe der Wirtschaft und gibt damit einen „massengeschäftslichtauglichen“ Prozess, insbesondere durch Versand per postalischen Weg direkt zum Monteur vor Ort. Die Umsetzungsfrist bis zum 31.12.2023 ermöglicht einem Messstellenbetreiber die Verschlankung der bisherigen aufwendigen und kostspieligen Logistiklösung.

Herausforderungen für Netzbetreiber und Lieferanten: Angepasste Kostenverteilung und dynamische Stromtarife

Für die Marktrollen Netzbetreiber (NB) und Lieferant (LF) ergeben sich mit dem Beschluss allerdings auch neue Herausforderungen. Speziell geht es um Kostenreduktionen bei der datengestützten Planung und dem Betrieb der Verteilnetze beim NB. Das GNDEW spricht von einer gerechten Kostenverteilung. Dies geschieht speziell in Form von beschriebenen „Kostenbändern“, die sich nach Jahresverbrauchsintervallen richten und Preisobergrenzen für Einbau und Betrieb der iMS deckeln. Beispielhaft ergeben sich für Anschlussnutzer mit einem Jahresstromverbrauch zwischen 6.000 und 10.000 kWh eine Preisobergrenze der Messentgelte von 20 Euro brutto jährlich.

Darüber hinaus muss der LF spätestens ab 2025 dynamische Tarife für Kund:innen mit iMS verpflichtend anbieten. Verbraucherinnen und Verbraucher, die Smart-Meter nutzen, profitieren davon, wenn sie Strom gezielt in kostengünstigeren Zeiten mit hoher Erneuerbare-Energien-Erzeugung beziehen. Das hat nicht nur Vorteile für Endverbraucher:innen, sondern auch für den Markt und die Netzstabilität.

Auch in den bisher laufenden Prozessen rund um die Bewirtschaftung der iMS werden sich die Auswirkungen des neuen Gesetzes zeigen. Einerseits müssen beispielsweise vorhandene Logiken zur MSB-Abrechnung angepasst werden. Andererseits resultiert hieraus auch die Notwendigkeit eines neuen Abrechnungsprozesses beim Verteilnetzbetreiber.

Sie haben Fragen zur Neugestaltung der Energiewirtschaft mittels GNDEW?

Zusammenfassend lässt sich sagen: Zentrales Ziel des GNDEW ist es, den iMS-Rollout beschleunigt zu realisieren, die damit zusammenhängenden Verfahren zu entbürokratisieren und die Rechtssicherheit zu stärken. Gleichzeitig sollen Kosten gerechter verteilt, Kompetenzen zielgerichtet gebündelt und die Nachhaltigkeit gestärkt werden.

Sie stehen vor der Herausforderung, alle diese Aspekte zukünftig in Ihren Geschäftsprozessen zu realisieren? Unsere Beraterinnen und Berater freuen sich, Ihnen in bei Ihren Fragen zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben weiterzuhelfen und Sie bezüglich Prozessanpassungen zu beraten!